Köln.  „Ein Volk im Freiheitsjubel“, titelte die Zeitung „Westdeutscher Beobachter“ zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Dass Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichkanzler ernannt worden war, löste in gewissen Teilen der Bevölkerung allerdings keinen Überschwang aus, im Gegenteil.

„Das ist der Krieg“, prophezeite Maria Böll, die Mutter des damals 15-jährigen Heinrich Böll. Von Zitaten aus Presseartikeln über Passagen aus Tagebüchern bis zu Aussagen von Zeitzeugen reichten die Textstücke, die der Theaterchor Köln „Stimmt so!“ am Sonntag in der Antoniterkirche vortrug, ergänzt um Lieder von Bertolt Brecht und Kurt Weill.

Anlass war der Gedenktag zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Weil es fast auf den Tag genau 80 Jahre her ist, dass die Nazis in Deutschland an die Macht gekommen waren, standen die Opfer des beginnenden braunen Terrors im Mittelpunkt, ob Mitglieder der lokalen KPD-Leitung, Sozialdemokraten oder Mitglieder der freien Gewerkschaftsbewegung.

Unmittelbar nach dem Reichstagsbrand in der Nacht zum 28. Februar 1933 verschwanden etliche von ihnen auch in Köln in den Haft- und Folterstätten. Eine besondere Rolle spielte bald das „Braune Haus“ in der Mozartstraße, das sich in den Sommermonaten jenes Jahres zur Zentrale des Terrors in der Stadt entwickelte. Deshalb unternahmen nach der Gedenkstunde in der Antoniterkirche viele Teilnehmer einen Mahngang zur Mozartstraße.

Eine der beeindruckendsten Schilderungen, die in einer gelungenen Textcollage die damalige Zeit gegenwärtig werden ließen, stammt von einem Gefängniswärter. Er berichtete, wie sechs Arbeiter im Hof des Klingelpützes hingerichtet wurden – und aus den Kerkerfenstern vielstimmig die Internationale erklang.

Einen Kontrapunkt bildete die pompöse Inszenierung einer Trauerfeier für zwei nationalsozialistische Funktionsträger, die in einem Zeitungsbericht mit Emphase beschrieben wurde. Nicht zu vergessen der Moment, als Gauleiter Josef Grohé auf dem Balkon des Rathauses verkündete, Konrad Adenauer sei als Oberbürgermeister abgesetzt worden.

Die Mehrheit der Bevölkerung habe die Machtübernahme widerstandslos mitgetragen oder begrüßt, sagte Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes. Die oft wiederholte Mahnung „Wehret den Anfängen“ sei „keine hohle Phrase“.

 

Vor fast genau 80 Jahren haben die Nazis in Deutschland die Macht ergriffen. In der Antoniterkirche erinnerte der Theaterchor Köln „Stimmt so!“ an die Greueltaten des NS-Regimes. Im Mittelpunkt stand die Befreiung des KZ in Auschwitz.
Von Clemens Schminke  (KStA)

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